Der einzige schriftliche Protest gegen die vom menschenverachtenden NS-Regime organisierten Novemberpogrome im Jahre 1938 kam von einem Grazer Theologieprofessor.
Vor genau 85 Jahren, am 11. November 1938, verfasste nämlich DDDDr. Johannes Ude (1874-1965) einen im ganzen „Dritten Reich“ einzigartigen Protestbrief. Darin prangerte er die grausamen Verbrechen an den Jüdinnen und Juden offen an und bezog klar gegen die antisemitischen Gewaltakte Stellung, ohne auf Risiken für sein eigenes Leben Rücksicht zu nehmen: „Ich verurteile die banditenartigen, im gesamten Deutschen Reich, wie es scheint, wohlorganisierten, in einer einzigen Nacht verübten Überfälle auf die jüdischen Synagogen, auf die jüdischen Zeremonienhallen und auf die jüdischen Geschäfte, die man in Brand gesteckt, zertrümmert und verunehrt hat.“
Die dramatischen Ereignisse der Novemberpogrome bewirkten bei Ude eine entschiedene Abkehr vom Nationalsozialismus, nachdem er in den Jahren zuvor mit diesem sympathisiert und für den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland im April 1938 geworben hatte.
Das Protestschreiben Udes an den Gauleiter Uiberreither wurde auch in der Öffentlichkeit, vor allem in Widerstandskreisen, bekannt gemacht, so im Frühjahr 1939 in der Pariser Exilszeitschrift „Nouvelles d’Autriche“, was den Ausschlag dafür gab, dass das NS-Regime Ude anklagte.
Im Grazer Universitätszentrum Theologie wurde ein Lehrveranstaltungsraum nach dem mutigen Theologieprofessor benannt, in Graz-Andritz erinnert die „Dr.-Johannes-Ude-Gasse“ an ihn.
Das von Michaela Sohn-Kronthaler und Leopold Neuhold herausgegebene, ausverkaufte Buch „DDDDr. Johannes Ude (1874-1965) – Pazifist – Lebensreformer – Priesterpolitiker. Anstoß damals wie heute?“, im Grazer Universitätsverlag-Leykam 2019 erschienen, wird nun nachgedruckt und kann über das Dekanat der Katholisch-Theologischen Fakultät gegen eine Spende erworben werden. Autoren und Autorinnen des Bandes sind: Christoph Heil, Erich Linhardt, Michaela Sohn-Kronthaler, Christof Müller, Reinhard Farkas, Stephanie Glück, Leopold Neuhold, David Neuhold, Kurt Remele, Franz Sölkner, Philipp Harnoncourt, Bischof em. Maximilian Aichern, Maria Angerer und Sepp Steininger.
Michaela Sohn-Kronthaler
Bildnachweis: links: Foto von Johannes Ude auf dem Motorroller mit Pfarrer Feiner (Kammerhofmuseum Bad Aussee)); rechts: Ausschnitt aus dem Protesbrief Johannes Udes (Diözesanarchiv Graz DAGS PA Ude)